Eine Alte Sage - Lokal zu Rivermark.
” In den frühen Tagen der Welt, als Erde und Feuer sich ungezähmt vermischten, als Chaos und Dunkelheit das Land beherrschten, erschufen die Götter den Fluss Zalyra. Ein silberblauer Strom bahnte sich seinen Weg durch das urzeitliche Land, sanft und doch unaufhaltsam.
Mit der Zeit wuchs Zalyra. Sein Wasser wurde tiefer, sein Lauf breiter, und sein einst silbernes Leuchten mischte sich mit dem Grün der Ufer, die er fruchtbar machte. Städte wuchsen an seinen Ufern, und die Menschen, die dort lebten, empfingen seine Gabe: Nahrung, Wasser, Leben. Mit seiner unermüdlichen Kraft nährte er die Welt, und mit seiner Seele schuf er eine Heimat für jene, die ihn ehrten.
Eines Tages stieg Nay, der große Gott der Ewigkeit, selbst herab, um den Fluss zu besuchen. Tief berührt von Zalyras Güte, seiner Stärke und Ausdauer, weinte Nay eine einzige, goldene Träne in die reißenden Fluten. Diese Träne sank nicht, wurde nicht fortgespült – sie ruhte, geborgen im Herzen des Stromes. Dort wuchs sie, langsam und stetig, ohne Furcht vor der Welt, geschützt von der Macht und Umarmung des Wassers.
So kam es, dass Zalyra eines Tages ein Kind gebar: ein kleines Mädchen, Zalyraa. Ihre Haare flossen in silberblauen Wellen, ihre Augen waren so tief und dunkel wie die unergründlichen Tiefen des Flusses, und ihre Haut glänzte, wandelbar und schimmernd, wie das Wasser selbst. Sie war nicht nur eine Tochter des Stromes – sie war der Fluss selbst, lebendig und atmend, und mit ihrem Herzen nährte sie den Frieden des Wassers, so wie dieses sie nährte.
Als Kind war Zalyraa neugierig und rein, wanderte durch die Städte, spielte mit den Kindern, half den Fischern und sang in den Wellen. Doch die Menschen vergaßen mit der Zeit ihren Respekt für das Wasser. Sie verschmutzten es, raubten es aus, zwangen es in Ketten aus Stein. Sie nahmen, ohne zu geben, und der Fluss litt. Zalyraa sah, wie ihre Heimat trüb und krank wurde, und mit ihr wurde auch ihr Herz schwer.
Eines Tages, als das Wasser kaum noch atmen konnte und der Schmerz des Flusses zu groß wurde, zog Zalyraa sich zurück. Sie verließ die Städte und verbarg sich in den unergründlichen Tiefen, wo kein Menschenauge sie sehen konnte. Doch mit der Zeit wuchs ihre Macht. Sie lernte, das Wasser aus der Ferne zu schützen, Ströme zu lenken, Quellen zu bewahren. Stürme folgten ihrem Zorn, Überschwemmungen waren ihre Warnung.
Heute, so erzählt man sich, ist sie nur noch ein Flüstern im Wind und ein Schatten in den Wellen. Doch wer in einer stillen Nacht am Ufer von Zalyra lauscht, kann manchmal ein leises Schluchzen hören – das Weinen eines Mädchens, das um ihre verlorene Kindheit trauert. ”